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Semestereröffnung – drei Förderpreise und ein DAAD-Preis

KHM
Danila Lipatov, DAAD-Preisträger 2017

Anlässlich der Semestereröffnung 2017/18 und der Begrüßung der neuen Studierenden durch den Rektor Prof. Dr. Hans Ulrich Reck wurden drei Förderpreise für Junge Studierende der KHM und der DAAD-Preis verliehen.

Montag, 9. Oktober, 19 Uhr, Aula + Ausstellung im Studiofoyer
Filzengraben 2
50676 Köln

Die Förderpreise für Junge Studierende sind mit je 2.000 Euro dotiert und werden jedes Jahr vom Verein der Freunde der KHM e.V. gestiftet. Sie gehen 2017 an die Studierenden Agustina Andreoletti, Anne Arndt und Florian Dedek. Laudationes und Preise wurden durch den Schatzmeister Dr. Max Krawinckel und den Vorstandsvorsitzenden des Vereins, Prof. Henrik R. Hanstein, überreicht.

Prof. Hanstein, der dem Verein der Freunde der KHM nunmehr 25 Jahre vorstand, verabschiedete sich bei dieser schönen Gelegenheit unter großem Beifall aus seinem Amt. Die für die KHM-Studierende kontinuierliche, großzügige und wunderbare Unterstützung wird auch unter dem neuen Vorstand der Freunde der KHM weitergeführt.


Die Studierenden Andreoletti, Arndt und Dedek wurden für den Förderpreis ausgewählt, da sie mit ihren Arbeiten und in ihrer Arbeitsweise einen hohen Grad an Reflexion der von ihnen verwendeten Medien und Diskurse erkennen lassen und damit einen Prozess der intensiven Auseinandersetzung und Analyse initiieren: Agustina Andreoletti, die das Material auf praktischer wie theoretischer Ebene reflektiert und sich in anderer Form einem klassischen Werkstoff widmet; Anne Arndt, die im Umgang mit Struktur und Form eine gesellschaftliche und gestalterische Beobachtung und Analyse eröffnet; Florian Dedek, der sich vielschichtig zwischen persönlichem Bezug und einem anderen Blick auf politische Zeitgeschichte bewegt.


Agustina Andreoletti

Die Variabilität von Systemen und Materialien in experimentellen Anordnungen steht im Fokus von Agustina Andreolettis künstlerischen Arbeiten. So beobachtet sie einerseits natürliche Medien, wie Licht, das in der Installation Reflective Conversion (2014) durch automatisch gesteuerte Spiegel zwischen gleichartigen Modulen reflektiert wird, die sich jedoch gänzlich unterschiedlich verhalten. Andererseits untersucht sie in Clayness (seit 2017) das gängige Material Ton performativ auf seine transformativen Qualitäten. Dabei bilden sowohl ihre skulpturalen Mikrountersuchungen am Material als auch theoretische und methodische Reflexionen den situativen Rahmen des als Work in Progress initiierten Projekts: Ihr Essay Clayness widmet sich aus feministischer Perspektiven dem new materialism. In verschiedenen hybriden Szenarien des Umgangs mit dem Material von Bedampfen, Aufschichten bis Auswaschen zeigt die Künstlerin seine Qualitäten und die damit verbundene Semantiken auf.


Anne Arndt

Modellhafte und modulare Architekturen, ihre politischen wie auch repräsentativen Funktionen im öffentlichen Raum sind Gegenstand der Installationen, Fotografien und Videoarbeiten von Anne Arndt. Dabei richtet sie ihr Augenmerk auf die Serialität und Typologie von bislang wenig beachteten Mikroarchitekturen von Hochbunkern für jeweils eine Person, die für das Publikum anhand von Miniaturfotografien sowie mit einem Modell performativ nachvollzogen werden können. Die Baukastenstruktur von sogenannten Typenschulbauten wie sie in der DDR seit den 1960er- und 1970er-Jahren als Bildungsauftrag der SED entwickelt wurde und bis heute als Modell für den Schulbau fungiert, beschäftigte die Künstlerin in ihrer Ausstellung Ideologie manifestiert sich im Raum im CASE – Projektraum der Fotografie in der Reihe Acht Behauptungen 2017. Anhand von recherchebasiertem Material zur Entwicklung dieser Bauten, Gesprächsprotokollen mit Schulleiter*innen, Lehrtafeln und einem Baukasten zum performativen Nachvollzug der Module zeigt Arndt vielfältige Annäherungen an ein historisch bislang wenig aufgearbeitetes Sujet.


Florian Dedek

Der Künstler und Filmemacher nimmt persönliche Erfahrungen und Begegnungen zum Anlass seiner filmischen Untersuchungen. Dabei arbeitet er mit Hybriden aus historisch wie archivalisch relevantem Fotomaterial, der Entkoppelung von Bild und Tondokument, essayistischen und reflektorischen Momenten, die seine eigene Situierung innerhalb der Filme greifbar werden lässt, damit zugleich den Zugriff und Umgang mit dem Material offenlegt. Diese Vorgehensweise hat bei ihm der filmischen Auseinandersetzung mit dem Schweigen seiner als RAF-Sympathisanten für einen terroristischen Anschlag zu Unrecht verurteilten Eltern in Dann muss es ja ein was weiß ich was Gutes geben (2016) eine andere Form der Annäherung ermöglicht – durch einen distanzierten, aber damit offenen Zugang zum historischen und biografischen Thema. In Lena, einem Filmprojekt, das 2018 fertiggestellt wird, macht sich Dedek in einem Portrait seiner ehemaligen Kommilitonin an der Kunstakademie, die einige Zeit in der Psychiatrie zubrachte, durch verschiedene Materialien hindurch auf die Suche nach ihrer Persona. Historische Fotos, Aufnahmen sowie Selfies der Kunststudentin und Dedeks eigene Reflexionen sind Teil der originären, collageartigen, fotofilmischen Anmutung seines filmischen Projekts.

Der DAAD-Preis 2017 für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender ist mit 1.000 Euro dotiert und geht an Danila Lipatov.


Auszug aus der Laudatio von Prof. Matthias Müller (Experimenteller Film), die ganze Rede ist links als Download gespeichert.

"Es ist eine schöne Koinzidenz, dass der Beginn des neuen KHM-Studienprogramms „Literarisches Schreiben“ mit der Vergabe des DAAD-Preises an einen Künstler zusammenfällt, der sich intensiv mit Möglichkeiten des Erzählens auseinandersetzt.
Die Texte, die den vom Künstler selbst gesprochenen Voice-overs seiner Videos zugrunde liegen, sind ebenso geprägt von einem freien, experimentellen Umgang mit Sprache wie von einer fast unbändigen Lust am Fabulieren.
Danila Lipatov entwirft in seinen Videos mit Längen zwischen 2 und 16 Minuten Versuchsanordnungen, in denen Wort und Bild, Geräusch, Musik und Sprache, Eigenes und Angeeignetes stets neue und unvorhersehbare Beziehungen miteinander eingehen und die gewählte Komposition als nur eine von vielen möglichen Ordnungen erscheint.
Unvorhersehbar, da Danilas Arrangements keiner rigiden Systematik folgen, keinem festen Regelwerk.
So persönlich viele seiner Erzählungen scheinen: Es geht hier nicht um eine simple und unmittelbare Simultanübersetzung von Selbst Erlebtem in Kunst.
Denn immer wieder drängen fremde Stimmen und fremde Bilder in die eigene Mitteilung: wie verweht wirkende Dialogfetzen und durch das Abfilmen vom Monitor in ihren Schauwerten degradierten Momenten aus Spielfilmen, Details aus Gemälden.
Die Erzählungen werden in diesen Momenten vielstimmig, mehrsprachig auch; ihre Struktur wird porös; Kunst-, Literatur- und Filmgeschichte werden zu Resonanzkörpern der eigenen Artikulation.

(...)

Er hat in Moskau als Student der Translationswissenschaft Deutsch in erster Linie anhand klassischer literarischer Texte gelernt.
In einem zweiten Studium der Filmwissenschaft hat er seine Dissertation über den Minimalismus der Berliner Schule begonnen.
Sein beeindruckendes Filmwissen, aus Cinephilie erwachsen, hat sich unter anderem in Texten für die legendäre Zeitschrift „Cine Fantom“ niedergeschlagen.
Danila hat Christian Krachts Roman „Imperium“ ins Russische übersetzt, für die Russische Filmwoche in Berlin und das Filmhaus Köln gearbeitet, und im letzten Jahr sein Studium an der KHM aufgenommen.
Hier hat er bereits einige experimentelle Videos produziert und stellt aktuell das Kurzspielfilm-Gruppenprojekt „Unsere Naturgeschichte“ fertig, bei dem er für Buch und Regie verantwortlich ist.
Ein weiterer (und neuer) Schwerpunkt Danilas liegt auf Performance; er hat u.a. bereits in der Tiefgarage am Ebertplatz, im Museum Kolumba und als Teilnehmer der Gruppenperformance „You Are“ beim letzten KHM-Rundgang performt.

Von den experimentellen Miniaturen über die erste drehbuchbasierte filmische Arbeit hin zu Performances:
Das ist ein großer Bogen – besonders wenn man bedenkt, dass Danila gerade erst sein drittes Semester beginnt.
Meine Kolleginnen und Kollegen und ich selbst, wir freuen uns darauf, ihn auf diesem Weg weiterhin begleiten zu dürfen, uns auch immer wieder von Richtungswechseln überraschen zu lassen.
Vielfalt, Konsequenz und erfrischender Eigensinn seiner künstlerischen Setzungen machen Danila Lipatov zu einem würdigen Preisträger des DAAD-Preises für ausländische Studierende."

Editor — Juliane Kuhn
Semestereröffnung: Verleihungen der Förderpreise Junge Kunst und des DAAD-PReises 2017

Fotos: Simon Rupieper

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