Die KHM-Absolventin erhält das mit 12.000 Euro dotierte Stipendium in Verbindung mit einer Ausstellung in der Kölner artothek im Dezember 2020.
Deren Ercenk ist eine Filmregisseurin und Experimentalfilmerin, die sich in den letzten Jahren dem narrativen Autorenfilm gewidmet hat. Es ist das erste Mal, dass Deren Ercenk sich auf den Chargesheimer-Preis bewirbt. Ihre Bewerbung überzeugte alle Jurymitglieder unter anderem mit einem konsistenten Überblick ihres künstlerischen Schaffens der letzten Jahre.
Tiefgehende Analysen (zwischen)menschlicher Psychologien und mentaler Zustände bilden die konzeptionelle Grundlage von Deren Ercenks Arbeiten. Diese erzählen nicht etwa vom Glück des Menschlichen, sondern skizzieren immer ein gewisses "Gefangen"- und "Ausgeliefertsein", weswegen Motive wie die Ohnmacht oder die Täuschung zu zentralen Themen ihrer Werke werden. Das künstlerische Layout der zum Großteil filmischen Arbeiten vermag diese Themen in eine klare, gleichzeitig vielschichtige und stringente Weise zu transferieren. Ihre Arbeiten bringen aktuelle zeitgenössische, gesellschaftspolitische Themen aufs Tableau, weswegen die Jury in ihrer Arbeit eine starke politische Haltung erkennt, die sich mit der Sphäre des Privaten, beziehungsweise Individuellen verbindet.
Gegenstand von Deren Ercenks künstlerischer Betrachtung ist eine tief gespaltene türkische Gesellschaft, die sie vor dem Hintergrund konkreter politischer Ereignisse analysiert - aber in einer Art, die letztlich auch wieder vermag über sie selbst hinauszuweisen. In ihrem aktuellen Arbeitsvorhaben setzt sie sich mit dem Moment der Täuschung als Rezeptionsmuster im türkischen Fernsehen auseinander, dem sie eine Meisterschaft im Transmedialen Storytelling attestiert. Es geht erneut um das Verhältnis des Individuums zum System, es geht um mediale Verzerrungen und Zensur und die Frage, welche "Wahrheit" man lebt, beziehungsweise in welcher (oder wessen?) Wahrheit man lebt.
Deren Ercenk (*1989 in Köln) studierte von 2011 bis 2018 "Mediale Künste" (Diplom 1) an der KHM. Ihr Episodenfilm „Berzah“ ist ihr Diplomfilm an der KHM und wird in den 66. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen (13. bis 20. Mai 2020) uraufgeführt. Der Film erzählt in drei Episoden von Zuständen der inneren, wie äußeren Überhitzung, Scham und der Mühsal des Alltags in einer tief gespaltenen türkischen Gesellschaft.
Deren Ercenk ist ausserdem diesjährige Stipendiatin des Artist-in-residence Programms „Atelier Galata“ in Istanbul, wo sie derzeit an ihrem Ausstellungsstück „Reklam“ arbeitet, das im Dezember in der Artothek in Köln ausgestellt wird.
Das Chargesheimer Stipendium richtet sich an professionelle Künstlerinnen und Künstler, die in Nordrhein-Westfalen wohnen oder arbeiten und maximal 35 Jahre alt sind. Die Entscheidung, an wen die Stipendien vergeben werden, trifft eine Jury aus Sachverständigen. Zu den Jurymitgliedern gehören unter anderem auch die Stipendiatin oder der Stipendiat des Vorjahres.
Die Jury 2020 setzte sich zusammen aus Phil Collins, Rita Kersting, Florian Dedek, Heide Häusler.
Ausstellungseröffnung mit Deren Ercenk
Chargesheimer-Stipendium für Medienkunst
Mittwoch, 2. Dezember 2020, 20 Uhr
artothek – Raum für junge Kunst
Am Hof 50, 50667 Köln