PRISKA PASQUER PARIS freut sich mit „Eclipse and Beyond“ eine Einzelausstellung des Konzeptkünstlers Mischa Kuball (*1959 in Düsseldorf) zu präsentieren.
Seine ortspezifischen Produktionen, Performances und Projektionen im öffentlichen und institutionellen Raum haben ihn international bekannt gemacht. Oft ist Licht das zentrale Medium, wenn er urbane Situationen, Mechanismen inszenatorischer Kontrolle oder das Wechselverhältnis von Betrachter*innen und Akteur*innen erforscht. Indem Mischa Kuball Licht auf Gegenstände, Personen, Architekturen, soziale Gefüge und Sachverhalte richtet, transzendiert er Diskurse und gängige Wahrnehmungsmuster und offenbart das Unsichtbare. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten – und auch darum geht es dem Künstler. 2016 wurde er mit dem Deutschen Lichtkunstpreis ausgezeichnet.
Doch es wäre falsch, ihn auf das Medium zu reduzieren. Denn Mischa Kuball setzt es nie als Mittel zum Zweck ein, sondern in einem strengen konzeptionellen Rahmen, um gesellschaftliche, soziale, philosophische, politische und (natur)wissenschaftliche Fragestellungen zu ergründen: Im didaktischen Sinne als Licht der Aufklärung, als bildgebendes Verfahren, als Visualisierung, als Kommunikator oder als bewusste Störung und Irritation.
Die Ausstellung gibt einen Überblick über Mischa Kuballs künstlerische Arbeit und Herangehensweise und kehrt zudem sein Interesse an abstrakten Formen und ihrer Symbolkraft hervor.
Befragung von „Wissen“
Sowohl in seiner politischen als auch wahrnehmungsästhetischen Dimension übernimmt das Licht in Mischa Kuballs Werk eine protagonistische Funktion, indem es Diskurse oder Handlungsweisen wortwörtlich in ein anderes Licht rückt, Dinge in den Fokus bringt oder einen Bühnenraum für alternative Erzählungen schafft. Der Künstler geht dabei nie didaktisch vor, vielmehr bringt er die Betrachter*innen dazu, andere Rollen oder Sichtweisen einzunehmen und die Position zu verändern. Unterschiedliche Arbeiten nehmen dabei Bezug auf den musealen Raum und seine Funktion in der Generierung kunst- und kulturwissenschaftlicher Kenntnisse, die durch Sammlungen und Archive als „Wissen“ vermittelt werden.
In „research_desk_Nolde/Kritik/Mischa Kuball“, 2020, setzt er sich mit dem Künstler und Menschen Emil Nolde (1867—1956) und seiner Mythenbildung auseinander. Nolde gilt einerseits als einer der großen Maler des deutschen Expressionismus. Andererseits ist er – aufgrund von Forschungen in den letzten Jahren, die ihn als Antisemit, Rassist und überzeugten Nationalsozialisten aufdeckten – eine der ambivalentesten Figuren in der Kunstgeschichte. Mischa Kuball unterzieht Noldes Werk einer ästhetischen Beleuchtung und zeigt, dass Künstler und Werk untrennbar miteinander verbunden sind.
In der Doppelprojektionsinstallation „making of Mnemosyne (after Aby Warburg)“, 2021, belegt er, dass Aby Warburg in einem Brief an den Kunsthistoriker Carl Georg Heise bereits 1927 das Menschenbild Noldes problematisierte. Aby Warburg (1866–1929) gilt als einer der Begründer der modernen Kulturwissenschaften. Durch seinen Bilderatlas „Mnemosyne“ – benannt nach der griechischen Göttin der Erinnerung und Mutter der Musen – wurde das vergleichende Sehen als ein Instrument der Erkenntnisgewinnung zum maßgeblichen Konzept der heutigen Bildwissenschaft. Das senkrecht projizierte Video zeigt Tafeln aus dem Mnemosyne-Atlas Aby Warburgs, auf der waagerechten Projektion wird die Arbeit an der Rekonstruktion der Bildtafeln sichtbar, die die Forschungsgruppe Mnemosyne vornimmt. Zwei Hände vollziehen den Steckprozess. In der Handlung zeigt sich: Die Aneignung von Wissen ist Arbeit und Wahrheit niemals linear.