Anlässlich des 35-jährigen Jubiläums der KHM kommt die Regisseurin und langjährige KHM-Professorin nach Köln und präsentiert einen ihrer preisgekrönten Spielfilme.
Für „La Amiga” erhielt Jeanine Meerapfel 1989 den Bundesfilmpreis. Im Jahr 1990 wurde sie als Professorin an die neu gegründete Kunsthochschule für Medien Köln berufen, wo sie bis 2008 Spiel- und Dokumentarfilmregie lehrte. Sie war Mitglied des Gründungsausschusses der KHM und viele Jahre Sprecherin der Fächergruppe Film/Fernsehen. Sie war maßgeblich an der Entwicklung des Curriculums im Bereich Film und Fernsehen beteiligt und initierte das Austauschprogramm der KHM mit der kubanischen Filmschule EICTV.
Viele Student*innen, die Jeanine Meerapfels Seminare besuchten und deren erste Übungen und Diplomfilme sie betreute, sind heute als Regisseur*innen, Autor*innen, Editor*innen, Produzent*innen, Hochschullehrer*innen tätig: darunter Züli Aladag, Mechthild Barth, Christian Becker, Peter Bösenberg, Lars Büchel, Ingo Haeb, Harry Flöter, Bernd Lichtenberg, Lars Montag, Franz Müller, Ulrike Molsen, Steffi Niederzoll, Susanne Ofteringer, Ruth Olshan, Jan Martin Scharf, Matthias Schellenberg, Peter C. Slansky, Jan Schomburg, Jörg Siepmann, Tom Schreiber, Sibylle Stürmer, Alexander Sascha Thiel, Hans Weingartner, Andreas Wodraschke und viele mehr.
Nach ihrem Abschied von der KHM 2008 drehte Jeanine Meerapfel weiter zahlreiche Filme. Von 2015 bis 2024 war sie Präsidentin der Akademie der Künste in Berlin. Für ihre Erfolge als Filmemacherin und Autorin sowie ihren Einsatz für Menschenrechte, Meinungsfreiheit und die gleichberechtigte Vielfalt der Kulturen wurde Jeanine Meerapfel 2020 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. 2021 ernannte sie der Bundesverband Regie (BVR) zur Ehrenpräsidentin.
"La Amiga", Spielfilm von Jeanine Meerapfel
Argentinien/BRD, 1988, 108 Min.
Es ist die Geschichte einer engen und widersprüchlichen Freundschaft zweier Frauen vor dem Hintergrund der Militärdiktatur in Argentinien. Den Kinderschwur, Schauspielerin zu werden, hat nur Raquel verwirklicht. Maria heiratet einen Elektriker und wird Mutter dreier Kinder. Als die Militärs 1976 die Macht übernehmen, wird Marias ältester Sohn Carlos wie zahllose andere, verschleppt. In ihrer Verzweiflung wendet sich Maria an die inzwischen prominent gewordene Freundin, die sich solange mit ihr auf die Suche nach dem Sohn begibt, bis sie selbst bedroht wird. Raquel verlässt das Land, geht nach Berlin, in die Stadt, die ihre Eltern nach Hitlers Machtergreifung verlassen mussten. Maria schließt sich unterdessen den Müttern der Plaza de Mayo an, einer Gruppe argentinischer Frauen, alle auf der Suche nach ihren verschleppten Verwandten. Als sich die Freundinnen wieder begegnen, haben sich beide stark verändert. Raquel kehrt nach der Militärdiktatur 1983 nach Buenos Aires zurück. Sie ist ängstlich geworden, versucht sich anzupassen und zu vergessen. Sie will, dass ihre Freundin aufhört zu fordern, dass sie einsieht, dass Carlos tot ist. Aber Maria besteht darauf: ihr Sohn ist nicht tot, er ist „verschwunden“. Nichts soll vergessen werden, sodass sich nichts wiederholt.
Credits: Regie und Buch: Jeanine Meerapfel; Schauspiel: Liv Ullmann, Cipe Lincovsky, Federico Luppi, Victor Laplace, Harry Baer; Kamera: Axel Block; Ton: Dante Amoroso, Gunter Kortwich; Schnitt: Juliane Lorenz; Musik: José Luis Castiñeira de Dios; Produktion: Klaus Volkenborn, Journal Film KG, Berlin, Alma Film GmbH, Berlin, Jorge Estrada Mora Producciones, Buenos Aires
Jeanine Meerapfel wurde 1943 als Tochter jüdischer Einwanderer in Buenos Aires geboren. Dort besuchte sie die Journalistenschule, bevor sie 1964 mit einem DAAD-Stipendium nach Deutschland zog, um bis 1968 am Institut für Filmgestaltung der Hochschule für Gestaltung in Ulm zu studieren. Ihren ersten Spielfilm „Malou“ drehte sie 1980 mit Ingrid Caven, Michael Ballhaus führte die Kamera. Seither folgten zahlreiche preisgekrönte Dokumentar- und Spielfilme, die um die Themen Migration, Erinnerung und Identität kreisen, unter anderem „Im Land meiner Eltern“ (1981), „La Amiga“ (1988), „Amigomío“ (1995) und „Der deutsche Freund“ (2012) sowie in Zusammenarbeit mit Floros Floridis die audiovisuellen Essays „Confusion / Diffusion“ (2015) und „Moving Sand / Topos“ (2019). Ihr dokumentarischer Filmessay „Eine Frau“ (2021) war 2022 und 2023 auf Filmfestivals und im Kino zu sehen.