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Chargesheimer Stipendium 2016 der Stadt Köln an Miriam Gossing und Lina Sieckmann

Still aus "Ocean Hill Drive"
Preisverleihung und Ausstellungseröffnung in der Kölner artothek, ab 2. November. Das Stipendium ist mit 10. 000 Euro dotiert.
Preisverleihung / Ausstellungseröffnung: Mittwoch, 2. November 2016, 20 Uhr. Ausstellungsdauer bis 19. November
artothek – Raum für junge Kunst
Am Hof 50
50667 Köln

Für mich als Vertreter der Internationalen Photoszene Köln ist es eine ganz besondere Freude, dass das diesjährige Chargesheimer-Stipendium an das Künstlerinnenduo Miriam Gossing und Lina Sieckmann geht. Die beiden Absolventinnen der KHM sind zwar keine klassischen Fotografinnen - obwohl sie für ihr außergewöhnliches Buch "This has been going on for years" auch sehr viel fotografiert haben - sondern Filmemacherinnen. Aber ihre Filme, gedreht auf 16 Millimeter, wirken dennoch äußerst fotografisch.

Man kann ihre Filme an jeder beliebigen Stelle anhalten und erhält ein hervorragend und äußerst präzise gestaltetes Standbild. Doch auch wenn ihre Filme laufen, gleichen sie Fotografien - weil so wenig in ihnen passiert. Langweilig sind sie deshalb aber nicht. Im Gegenteil. Der Betrachter erwartet fast den Zusammenbruch der vermeintlichen Idyllen.

In ihrem elfminütigen Film "Desert Miracles" sind es die Innenräume von kitschigen und durchkommerzialisierten Hochzeitskapellen in Nevada, im 20-minütigen "Ocean Drive Hill" Wohnhäuser in einer amerikanischen Vorortsiedlung, in die die Schatten der Flügel von Windrädern unaufhörlich für winzige Augenblicke einfallen.

Es sind Orte der Harmonie und der Sehnsucht, der Zuflucht und der Hoffnung. Orte, an denen solche Irritationen gleich doppelt und dreifach so bedrohlich wirken und gleichzeitig nur die Metaphern für den eigentlichen, unausgesprochenen Horror sind.Im Zusammenspiel mit den hervorragend geschriebenen beziehungsweise kuratierten Texten (Gossing und Sieckmann verwenden für "Desert Miracles" Einträge aus Hochzeitsforen und für "Ocean Hill Drive" haben sie Anwohner interviewt) und den großartigen Sprecherinnen (deren Stimmen aus dem Off diese Texte monoton und irgendwo zwischen leidend und vollkommen abgeklärt vortragen), haben die beiden Absolventinnen der KHM geschaffen, die an Alfred Hitchcock und David Lynch erinnern und die sich sich an der Grenze zwischen Dokumentation, Fiktion und Suggestion bewegen.

Es ist ein Warten darauf, dass endlich etwas passiert. Und die gleichzeitige Hoffnung, dass es nicht allzu schlimm werden wird.

Damian Zimmermann für die Jury

Miriam Gossing und Lina Sieckmann, geboren 1988, Studium an der KHM von 2009 bis 2016.


Text von Prof. Phil Collins zu den Arbeiten von Gossing/Sieckmann:
The collaborative work of visual artists Miriam Gossing and Lina Sieckmann spans 16mm film, video, photography and book publishing, all grounded in a unique intellectual sensibility and delivered with sensitivity which they have developed over a number of years. Friends since childhood, they began collaborating together at KHM and have refined an intelligent and exquisite sense of the values of filmmaking and photography. Their works are characterised by the depth of research and contact with communities and individuals, as well as by the clear lines in their approach to architecture and the worlds which shape desire, fear, anxiety, and alienation.

'Desert Miracles', shot in wedding chapels of Las Vegas, is a reflection on contemporary romantic fantasies of relationship and marriage as collected from message boards and online forums dedicated to this topic. Both sympathetic and analytical, it approaches with care and a formal detachment these overlooked conservative dramas, allowing the viewer to enter into their claustrophobic narratives.

In 'Ocean Hill Drive' we enter the suburban world of New England. After extensive interviews with residents of a housing estate in Massachusetts Miriam Gossing and Lina Sieckmann created a script which spoke of the unsettling anxieties of living in a world of constant motion. Reminiscent of the creeping unease of horror and mystery movies, they unpick and propose a European take on the iconic American geographies of forgotten spaces, car-washes, liquor stores, and cul-de-sacs.

In all its multilayered facets and its formal rigour, their work remains resolutely undidactic and unsettlingly political.


Editor — Juliane Kuhn
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