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Prof. Dr. Norbert M. Schmitz – Walther Ruttmann: Melodie der Welt

Quelle: YouTube

Vortrag. Zur Archäologie konsumistischer Medienwelten.

Donnerstag, 5. Juli 2018, 19 Uhr, Aula
Filzengraben 2
50676 Köln
Moderation: Prof. Dr. Hans Ulrich Reck

Walther Ruttmanns  "Berlin – Die Sinfonie einer Großstadt" stellt bis heute den wohl bekanntesten Film der klassischen Avantgarde dar. Allerdings stellt sich aus heutiger (medientheoretischer) Sicht die Frage nach den ‚politisch-kulturellen‘ Implikationen dieser Form kinematographischer Modernität.

Kurz nach dem Erfolg seines Großstadtportraits beauftragte die Hapag-Loyd Ruttmann zu dem großen Werbefilm "Melodie der Welt", in dem er seine einerseits assoziative, zugleich aber formal radikal durchkomponierte Montagetechnik dazu verwendete, die Welt – nun leicht erreichbar mit den eleganten Luxuslinern der berühmten Reederei  – zu einer Art 'globalen Dorf' aus dem Geist des Films werden ließ. Rio und Shanghai, Bali und Hawaii; das sind zumindest als Werbeversprechen schon 1928 Orte, in denen sich das aufkommende Touristenheer so zu Hause fühlt wie an Rhein und Arno. Oft wird übersehen, dass ein guter Teil des deutschen Avantgardefilms zugleich Werbefilme waren. Ruttmann legte hier tatsächlich die Fundamente für eine Ästhetik der Beschleunigung, die später in den Clips und Werbefilmen für die MTV- und VIVA-Generation zur Selbstverständlichkeit wurden.


Aus aktueller Sicht stellt sich allerdings die Frage, ob dieser formalistische Blick nicht einübt in die Desemantiserung der Welt im Geflacker des konsumistischen Bilderflusses unserer Tage, der Entwertung der Welt zum Spektakel? Der alte Vorwurf Siegfried Kracauers, dass hier die Welt in der Kälte ornamentaler Form erstarrt, scheint demgegenüber, wenn es um die Wurzeln des Totalitarismus der Medienkultur unserer Tage geht, fast harmlos und gestrig.


Dr. Norbert M. Schmitz ist Professor für Ästhetik an der Muthesius Kunsthochschule, Kiel. Kunst- und Medienwissenschaftler. Lehrtätigkeiten u.a. an Universitäten und Kunsthochschulen in Wuppertal, Bochum, Erlangen, Linz und Zürich. Inernational Vorträge an den Universitäten bzw. Akademien in Chicago, Berkeley, New York, Atlanta, Minneapolis, Paris, Zürich, Bern, Salzburg, Firenze, New Dehli, Lahore, Kathmandu, Seoul, Hangzhou. Methodische Arbeiten zu Fragen der Intermedialität von bildender Kunst und Film, Ikonologie der alten und neuen Medien, Diskursgeschichte der Kunstwissenschaft, des Kunstsystems und der Medientheorie, Methodik der moderner Bildwissenschaft; Sachliche Schwerpunkte: Klassische Filmgeschichte, Avantgardefilm und Kulturgeschichte der Moderne.

Editor — Juliane Kuhn
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