Freund oder Feind

""Tiger, tiger, burning bright"", ist die erste Zeile eines Gedichts von William Blake, und prangt als neongelbes Graffito an der Wand der Installation ""Freund oder Feind"". Die Beschwörung einer romantischen Vision aus dem Dunkel der Nacht und des Traums: Blakes Tiger wandelt sich zu einem furchteinflößenden Ungeheuer, und spiegelt dabei ein Stück romantische Todessehnsucht. Eine Serie großformatiger Fotomontagen nimmt das Thema der Raubkatzen auf: weiße Tiger sind es, die Desagas Interesse geweckt haben; die weißen Tiger des selbsternannten Magier-Duos Siegfried & Roy. Touristische Erinnerungsfotos der Palastanlage in der die beiden ""Masters of the Impossible"" mit den Tigern gemeinsam leben, dienten als Material für die digital bearbeiteten Collagen. Die im Internet zu sehenden Bilder des friedlichen Miteinanders von Tier und Mensch im Palast scheinen zu täuschen: ein Tiger hat vor einiger Zeit einen der beiden Magier bei einer Show lebensgefährlich verletzt. Die weißen Tiger sind in den Collagen vereinzelt, umschleichen marmorne Kulissenteile, die vor dunkelblauem Hintergrund eine Bühne generieren. Es entsteht der Eindruck, als spielten die Tiger im Wasser, als befänden sich die einzelnen Szenen im ""luftleeren Raum"". Zwei lebensgroße Tiger-Skulpturen aus Watte setzen das Thema dreidimensional fort. Suggerierter Schutz und Verletzlichkeit, die kosmetische und medizinische Alltäglichkeit des schwer fassbaren Materials, heben die üblichen Assoziationen die Wildkatzen hervorrufen auf: sie sind hier ihrer eigentlichen Wildheit beraubt. Verstummt und unschädlich gemacht, bilden die beiden Tiger zusammen mit einem rot leuchtenden Neonlichtreif auf dem Boden, Reminiszenz an den zirzensischen Feuerreifen, den Mittelpunkt des Raumes. Zwei überdimensionale Hände auf einem weißen, weichen Untergrund dominieren jedoch den ersten Blick der Installation. Ruhen sie friedlich auf der weichen Decke oder schleichen sie sich an um anzugreifen? Überblickt man nun das Ganze, bleibt ein Gefühl der Ambivalenz, ja der Künstlichkeit, ein eigenartiger Schwebezustand, ein Sowohl-als-auch. Alle Versatzstücke verbindet der Titel der Ausstellung ""Freund oder Feind"". Die Unmöglichkeit, die Frage klar zu beantworten, schwingt ebenso mit, wie die mangelnde Tauglichkeit dieser dialektischen Schematisierung für ein gesellschaftliches Zusammenleben.