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Dokumentarfilme sind immer auch die Aushandlung zweier Zeitlichkeiten — die der materiellen Welt vor der Kamera und die der ästhetischen Erfahrung in der Projektion: Die Zeitlichkeit der Welt muss für den Dokumentarfilm eingefangen werden und in eine filmische Form übersetzt werden, die wiederum durch eine bestimmte Dauer geprägt ist.
Das zweitägige dfi-Symposium widmet sich dokumentarischen Verfahren, die in ihrem Umgang mit Zeit die Konventionen von Kino, Fernsehen und Streaming herausfordern, aufbrechen, erweitern und damit einzigartige Erfahrungsräume eröffnen.
Eine der genuin dokumentarischen Methoden ist die Langzeitbeobachtung, die auch eine Vielzahl an seriellen, mehrteiligen oder zyklisch konzipierten Arbeiten hervorgebracht hat. Durch die Auswahl und Verdichtung von über Jahre oder Jahrzehnte gesammelten Momentaufnahmen offenbaren Langzeitbeobachtungen persönliche, gesellschaftliche, landschaftliche oder medientechnische Veränderungen in sonst nicht wahrnehmbaren Dimensionen. Während es hier die zeitliche Raffung ist, die das Leben, das Prozesshafte, die vergehende Zeit selbst sicht- und fühlbar macht, ist auch die gegensätzliche Bewegung von Interesse: Die Dehnung der Zeit, die unter dem Label „Slow Cinema“ international zu neuem Ruhm gelangt ist. Hier bedarf es meist keiner technischen Verlangsamung des Gefilmten. Diese Filme entfalten allein durch die Differenz von ungewohnt reduziertem Schnitttempo und den Sehgewohnheiten des Publikums ihren Reiz der Entschleunigung bei gleichzeitig geschärfter Beobachtung.
Das Nachdenken über das Zusammenspiel von Zeit- und Raumerfahrung, über das Kino als Dispositiv, das seit jeher Experimentalfilm und Expanded Cinema prägt, spielt auch für den überlangen Dokumentarfilm eine wesentliche Rolle, der in den vergangenen Jahren vor allem aus asiatischen Ländern in den internationalen Kunstfilmbetrieb Einzug hielt, es in der deutschen Kinodistribution aber schwer hat.
„Queere Zeitlichkeiten“ bieten eine weitere Perspektive, um das künstlerische Ausbrechen aus normativen Zeitlichkeiten zu reflektieren und seine gesellschaftspolitische Relevanz einzuordnen.
In Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Werkstattgesprächen und informellen Gesprächsrunden werden die präsentierten Filme und künstlerischen Positionen auf ihre formalen, inhaltlichen, ökonomischen, historischen sowie sozialpolitischen Dimensionen, Zugänge und Potenziale befragt. Die ästhetischen Erfahrungen gemeinsamer Filmsichtungen bilden die Basis für diesen Dialog.
Das Symposium richtet sich an Filmschaffende aller Gewerke, Studierende, Wissenschaftler:innen und generell Dokumentarfilminteressierte.
Das Programm und die Gäste werden wir Anfang Dezember kommunizieren.
Veranstalterin dfi-Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW e.V. | Konzept & Programm Michelle Koch | Förderer Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Kulturamt der Stadt Köln und VFF – Verwertungsgesellschaft der Film- & Fernsehproduzenten | Kooperationspartner AG DOK Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, Filmhaus Köln, Kunsthochschule für Medien Köln und Netzwerk Filmkultur NRW
Pressekontakt: Stefanie Görtz Email
Die Dokumentarfilminitiative (kurz: dfi) ist das Forum für den Dokumentarfilm in Nordrhein-Westfalen. Wir bieten Informationen, Recherchen und Diskussionen für die dokumentarische Branche, den Nachwuchs und die interessierte Öffentlichkeit.
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