Die Literaturstadt Klagenfurt ist nicht nur die Geburtsstadt von Ingeborg Bachmann und Robert Musil, seit nun mehr 48 Jahren richtet die Stadt gemeinsam mit dem ORF dort jährlich die Tage der deutschsprachigen Literatur aus, mit dem wichtigsten Vorlesewettbewerb im deutschsprachigen Raum und der Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises. Das verlängerte Wochenende im Sommer, an dem sich neben den teilnehmenden Autor*innen auch Lektor*innen, Agent*innen und Journalist*innen am Wörthersee versammeln gilt als Betriebsausflug des Literaturbetriebs, bei dem das gemeinsame Lesen und Diskutieren der vorgetragenen Texte auch abseits des Studios im Vordergrund steht. Diese ganz besondere Atmosphäre lässt sich nur vor Ort miterleben.

In Workshops, Podiumsdiskussionen, Performances und Lesungen befassen sich Lehrende und Studierende der Schreibinstitute aus Hildesheim, Köln, Leipzig, Wien und ihre Gäste mit Fragen der Methodik, der Lehre, der gesellschaftlichen Wirksamkeit von Literatur und ihrer Zukunft. Was wird Literatur in einer Gesellschaft, in der Kunst zunehmend als elitär und abgehoben wahrgenommen wird, leisten können? Was kann sie, was soll sie können, und wie lassen sich die neuen Anforderungen beschreiben? Und kommt hier gerade der Literaturvermittlung eine neue Funktion zu? Geplant ist nicht weniger als ein vielsträngiges und polyphones Experimentallabor. Erwartet wird eine Mitarbeit und Besuch der Konferenz.

In diesem Seminar dreht sich alles um die Vielfältigkeit der Romane. Wir bringen Licht ins Dunkel diverser Kategorien wie Ensembleroman, Episodenroman oder Gesellschaftsroman, beschäftigen uns mit dem Aufbau von Szenen und der Entwicklung von Figuren, mit Motivketten und Wegen elegante Rückblenden einzubauen. Wie finde ich einen Ton, den ich auf 200 Seiten durchhalten kann und eine Perspektive, die Leser*innen, in den Text sinken lässt? Und will ich das überhaupt? Was schmeiße ich raus und wann ist es besser noch mal von vorne zu beginnen? Wie bringe ich Ordnung in mein Manuskript? Und warum funktionieren Romane, die alles anders machen? Eigene Texte mit konkreten Fragestellungen sind willkommen. Darüber hinaus lesen wir exemplarische Beispiele und poetologische Texte zur Romantheorie.

Unterrichtssprache: Deutsch, englische Texte können besprochen werden Dieses Seminar ist die wiederkehrende Textwerkstatt des Literarischen Schreibens, die sich auf studentische Arbeiten und Projekte bezieht, die bestehen, in Gang gebracht werden müssen oder dem Ende zu gehen. Erwünscht sind alle Formen der Textproduktion, die auf kürzere oder längere Formate hinauslaufen. Fragen der Konstruktion und Dramaturgie können neben Fragen der Recherche und des Kontextes gestellt werden. Wo fängt ein Text an und wo hört er auf? Welche ästhetische Grammatik liegt ihm zu Grunde, ob Roman oder Gedicht, ob Theatertext oder Drehbuch oder installatives Format, ob Hörspiel oder Kurzprosasammlung. Was sind meine Erwartungen an den Text? Was für ein Versprechen trägt er in sich und wie kann ich dem folgen? Wie arbeitet er mit anderen künstlerischen Gesten zusammen, will er überhaupt in einem Genre oder gar Gattung begriffen sein? Wie kann ich ihn (dann) befragen? Welche Reaktionen kommen von anderen, mit denen ich nicht gerechnet habe? Mit diesen Fragen werden wir unsere spielerischen Fähigkeiten in der Lektüre herausfordern und unsere eigenen Schreibprozesse unterstützen.

In diesem Seminar beschäftigen wir uns mit unterschiedlichen Erzählverfahren in der Prosa. Dabei wollen wir Plot und Setting, Stil und Erzählhaltungen, Perspektiven und Figurenbeschreibungen näher untersuchen: Wie ist ein Text dramaturgisch aufgebaut und welcher Mittel bedient er sich dabei? Wer spricht zu wem und warum? Was unterscheidet personale von auktorialen Erzählperspektiven? In welchem Verhältnis stehen Erzählzeit und erzählte Zeit? Konstituiert sich eine Geschichte anhand ihrer Figuren? Was macht eine Figur zu einer Figur? Und wie verortet man sie in Zeit und Raum? Wie erzeugt man Spannung? Kann man auch ohne Plot erzählen? Und wie findet man den Ton, der zur jeweiligen Erzählung passt? Ausgehend von Beispielen aus Literaturgeschichte und -gegenwart und anhand von kleineren und größeren Schreibaufgaben werden wir uns im Seminar diesen Fragen stellen und in gemeinsamen Diskussionen einen kritisch-konstruktiven Umgang mit eigenen und fremden Texten üben.

„Welcome to The Speak Angel Series. It is long and perhaps idiosyncratic, but friendly. It is a good book for now.“ This is how Alice Notley opens her more than 600 page poetry book, which came out 2023. It includes the following booklength chapters: The House Gone, Opera, Healing Matter, To Paste On, Out of Order, and The Poem and it travels through the underworld. „Good poets open themselves to all the voices in the air“, Notley said in an interview in 2015, and it seems she succeeds in a distinct feminist voice of her own, which is chanting, talking, making (and writing) all kind of sounds that emerge during the long journey or that resonate from outer space or just from the other side of the story. „It is fictive, but I am not doing fiction. Take it as you want, as you certainly will“, Notley writes in her foreword. And this is exactly what we are going to do. In this Fachseminar we will read the extended poetry of Alice Notley, we will try to enter the acoustic world of The Speak Angels Series and develop its soundtrack. But we will also have a look into other traditions of under- (and outer-) world travel and visit important sights of the Cologne underworld, spectacular Rhenish dripstone caves and other audible spaces of transit. The course will include reading, writing, composing the construction of devices and will be held in English and German. "Willkommen zu den „Speak Angel Series“. Das Buch ist lang und vielleicht eigenwillig, aber freundlich. Es ist ein gutes Buch für den Moment." So eröffnet Alice Notley ihren mehr als 600 Seiten starken Gedichtband, der 2023 erschienen ist. Er enthält folgende Kapitel in Buchlänge: The House Gone, Opera, Healing Matter, To Paste On, Out of Order und The Poem und beschreibt in seinem Verlauf eine Reise durch die Unterwelt. "Gute Dichterinnen und Dichter öffnen sich allen luftigen Stimmen", sagte Notley 2015 in einem Interview. Notley hat über die vergangenen Jahrzehnte eine ganz eigene feministische Stimme gefunden, die alle Klänge singt, spricht, macht (und schreibt), die während der langen Unterweltreise vernehmbar sind oder aus dem Weltraum oder von der anderen Seite der Geschichte her widerhallen. "Es ist fiktiv, aber ich mache keine Fiktion. Macht damit, was ihr wollt, was ihr sicherlich tun werdet", schreibt Notley in ihrem Vorwort. Und das machen wir auch. In diesem Fachseminar werden wir die weitläufige Lyrik von Alice Notley lesen, wir werden versuchen, in die akustische Welt der „Speak Angels Series“ einzutauchen und ihren Soundtrack zu entwickeln. Wir werden aber auch einen Blick auf andere Traditionen der Unter- (und Außen-) Weltreise werfen und einige Sehenswürdigkeiten der Kölner Unterwelt, spektakuläre rheinische Tropfsteinhöhlen und andere Räume des Transits besuchen. Der Kurs beinhaltet Lektüre, Schreibaufgabe, Komposition und die Konstruktion von Geräten und wird in Englisch und Deutsch gehalten.

Ich ist in. Ich ist authentisch. Ich ist autobiographisch oder autofiktional. Das Ich beglaubigt die Erfahrung. Das Ich ist das verletzliche Zentrum. Das Ich weiß, wovon es spricht, wenn es Ich sagt. Puh, und jetzt atmen wir alle mal durch und werden autoimmun! Heißen wir also Texte willkommen, in denen das eigene Leben einmal nicht Grundlage des Schreibens sein soll. Aber wo beginnt überhaupt das eigene Leben, und wie und wodurch mündet es in Fiktion? Lässt sich das eine vom anderen trennen? Wer mag sagen, was erlebt und was erfunden wurde? Ist Fiktion denn nicht immer geformte Wirklichkeit und vielleicht genau jenes Element der Literatur, das sie vom Leben unterscheidet? In diesem Seminar wollen wir uns wegschreiben vom eigenen Ich und ihm auf diese Weise vielleicht sogar näherkommen. Im Mittelpunkt stehen die Texte der Teilnehmer*innen. Anhand von ausgewählten Beispielen werden wir zudem untersuchen, wie gut man auskommen kann ohne sich selbst. Verlassen wir das vertraute Heim! Machen wir uns auf in eine Welt, deren Figuren und Orte wir kennenlernen, indem wir sie uns erschreiben, denn : We’re not there, we’re gone!

Wie bringe ich ein Gedicht zu einem guten Ende? Weiß ich, wo es hinwill, oder umgekehrt: weiß es, wo ich hinwill? Setze ich auf Pointen? Sehe ich kurz vor Schluss einer haltbaren Sentenz entgegen? Wartet dort etwa die Bilanz? Oder breche ich einfach ab, mitten im Vers oder gar mitten im Wort, im Sinne von Paul Valéry sprichwörtlicher Feststellung, die für alle Amateure* von Unruhe und Perfektion Gültigkeit habe: “Un ouvrage n’est jamais achevé . . . mais abandonné”, man schreibt es nie fertig, man gibt es auf. Doch wann ist es genug? Wenn ich eine klassische Form wie das Sonett zugrundelege, weiß ich, dass mit dem vierzehnten Vers ein Ende erreicht sein muss, ganz gleich, ob es sich um ein gutes oder ein schlechtes handelt. Nehme ich ein Langgedicht in den Blick, habe ich es womöglich mit einer ganzen Staffel letzter Verse zu tun, mit Etappenstopps, auf die Langstrecke verteilt. Welche Lektüren, Routinen, Formen und Methoden helfen bei der Finalisierung? Wir besprechen eigene (entstehende oder vorläufig beendete) Gedichte und ziehen Gedichte und zuweilen auch literaturwissenschaftliche Texte zurate. Zum Beispiel von Helena Boberg, Mira Mattar, Alice Notley, Kim Hyesoon, Ursula Andkjær Olsen, Frank Kermode, Andrea Polaschegg, Reinhard Priessnitz, Georg Leß, Richard Siken, Dominik Steiger und anderen. Mit Übungen. Unterrichtssprache: Deutsch.

Dieses Theorieseminar soll als Einführung in grundlegende ästhetisch-philosophische Zeittheorien verstanden werden mit einem Fokus auf gegenwärtig diskutierte Positionen, sowie auf Erzähltheorie. Ob chronologische Vorstellungen und Simultaneitätstheorien, marxistisch-dialektische Positionen und Ideen eines Zeitvampirismus, einer „breiten Gegenwart“ oder eines popkulturellen Beharrens auf das „Jetzt, Jetzt, Jetzt“ bis hin zu den kommunizierenden Röhren und Beuteltheorien des Erzählen, oder zu Kippunkten und aufgebrauchtem Futur - es existiert ein breites Panorama an sehr unterschiedlichen Vorstellungen, wie das Vergehen der Zeit zu fassen ist, welche Zeitbilder uns umgeben, und vor allem, wie das künstlerisch thematisiert werden kann, immer eingebunden in einen politischen und historischen Rahmen. Insofern werden sich Zeitphilosophie und Literaturtheorie in diesem Seminar begegnen, und vielleicht auch einen Blick auf die Soziologie unternehmen. Und da die Praxis nicht fehlen darf, werden wir einige literarische Texte lesen, die typische Zeittechniken der Moderne und der Gegenwartsliteratur zu ihrem Thema machen und Begriffe wie „Zeitreise“ oder „Anachronismus“ sowie „Dehnung“, „Gleichzeitigkeit“ oder „Kompression“ zum Thema machen. In der Lektüre begegnen sich u.a. Heraklit, Michail Bachtin, Walter Benjamin, Hans-Ulrich Gumbrecht, Ursula Le Guin, Isabell Lorey, Paul Ricoeur, Zygmunt Baumann, Ilse Aichinger, Rolf Dieter Brinkmann, David Foster Wallace, Barbi Markovic, Georgi Gospodinov, Alexander Kluge und Kurt Vonnegut.