Im Folgenden stellt Hans Ulrich Reck in Form einer editorischen Notiz den von ihm erarbeitetetn Themenkomplex 'Kunst als Medientheorie' mitsamt aller dafür wichtigen und zielführenden Text-, Bild, und Tondokumente vor. Die entsprechenden Dateien sind jeweils als Donwloadlinks in den Fließtext integriert und am Ende der Seite noch einmal in einer Übersicht aufgelistet. Das präsentierte Material lieferte die Grundlagen für audiolecture 05, die ebenfalls unter dem Titel 'Kunst als Medientheorie' erschienen und unter folgendem Link zugänglich ist:
Das Thema wird in komplexer Weise und mehreren Gattungen dargeboten, auf diversen Kanälen, unterschiedliche Modalitäten der Sinne ansprechend – lesen, hören, montieren, kombinieren, auswählen, vor- und zurückgreifen.
Dabei bildet die Vorlesung vom Wintersemester 1997/98 einen Fokus, der das Material entfaltet, kommentiert, Thesen prüft und weiterentwickelt.
Natürlich gibt es zu diesem Thema wie immer, hier aber besonders intensiv, eine Vorgeschichte, aber auch etliche Weiterungen, Modifikationen, Revisionen und Fortsetzungen.
Spätestens mit Antritt der Professur für visuelle Kommunikation (Lehrkanzel für Kommunikationstheorie, Hochschule für angewandte Kunst Wien, 1992 bis 1995) im März 1992 wurde das Thema, das auch damals schon eine längere Inkubationsphase hinter sich hatte, die auf die Medien der Verbindung von Philosophie und Künsten seit meinem Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und anderem in Tübingen ab 1972 zurückgeht – Ästhetik, Design und dann Medientheorie umgreifend –, wurde also dieses Thema in der nun nachvollziehbaren Weise umgesetzt. 'Medialer Manierismus' war nur eines der Programme, auch Leitmotive. Es folgten die Erörterungen des 'Techno-Imaginären und der Ästhetik des Virtuellen im Zeichen des offenen Kunstwerks' >>>>, der Bewerbungsvortrag und dann die Antrittsvorlesung an der KHM Köln im Januar 1996, die den Entwicklungsgang des Themas ebenso prägte wie die in den Jahren 1994 bis 2000 intensivierten Debatten um mediale Künste, Künste durch Medien, Philosophien der Medienkunst.
Diese Diskurse führten damals zu nahezu alltäglichen Auseinandersetzungen. Davon zeugen die dem hier vorgestellten Korpus eingegliederten Vorträge in Weimar [Weimar 1 >>>> und Weimar 2 >>>>], von der Nachgeschichte und Weiterung unter anderem und stellvertretend für zahlreiche andere diejenigen in Wien [Wien 1 >>>>, Wien 2 >>>> u. Wien 3 >>>>] ('Kunst als Medientheorie', Universität für angewandte Kunst Wien, Studiengang ECM/ Europäischer Studiengang für Kulturmanagement 21. November 2003 19 00 - 20 30 öffentlicher Vortrag mit Diskussion), Dresden [Dresden 1 >>>> u. Dresden 2 >>>>] und Baden-Baden >>>>, wo der Vortrag zugleich als Aula-Vortrag des SWR aufgezeichnet und gesendet wurde. Später kamen Zürich, Karlsruhe, Rostock, Jena und weitere Orte hinzu.
Eine besondere Bedeutung für das Unternehmen gewann dann die mit Wolfgang Müller-Funk programmatisch für die Erörterung einer 'Historischen Anthropologie der Medien' entwickelten disziplinären Thematisierungen, die in einem Kongress und einer eigenständigen, auch weitere Beiträge enthaltenden Publikation vorgelegt wurde unter dem Titel 'Inszenierte Imagination. Beiträge zur einer Historischen Anthropologie der Medien' (1996). Meinen dortigen Aufriss 'Kunst durch Medien' >>>> entwickelte ich im Neudurchlauf ein zweites Mal wenige Jahre später aus Anlass von Vortrag und Publikation in Weimar.
Für die Erörterung der 'Kunstgeschichte im medialen Kontext', den Komplex der 'Künste und der Zeichen' sowie der 'Sprachen der Künste' generell wurden weitere Abhandlungen geschrieben, die hier allerdings nicht alle und nicht zur Gänze dargeboten werden. Auch die Bemühung um eine ausreichende Vollständigkeit bleibt also notwendiger Weise – als zunächst zögerlich, zunehmend jedoch fröhlicher begrüßte Einschränkung – nicht nur fragmentarisch, sondern eingebunden in eine prozessuale Zeugenschaft, die sich auf der Ebene einer Metatheorie beobachten und deuten lässt.
Als Einführung summarisch und typologisch darf der Beitrag zur Mediengeschichte der bildenden Kunst, 'Bildende Künste. Eine Mediengeschichte' (1998) >>>> gelten, der ebenfalls in die Ära dieser Jahre gehört, wenn auch mit ein Verspätung erst publiziert worden ist. Über die Verzweigungen gibt eine dem hier Vorgestellten ebenfalls beigefügte Publikationsliste >>>> Auskunft.
Ausdrücklich sei auch auf die durch Bernd Ternes hartnäckig, geduldig und genau ermöglichte korrigierte und revidierte Textgestalt zahlreicher der bis etwa 2004 geschriebenen Abhandlungen hingewiesen, die nun, sehr genau lektoriert, zu einem Band in der von Christian Reder herausgegebenen 'Edition Transfer' im Springer Verlag (Wien/ New York 2007) werden konnten unter dem Titel 'Das Bild zeigt das Bild selber als Abwesendes. Zu den Spannungen zwischen Kunst, Medien und visueller Kultur' >>>>. Ausgegliederte pdfs der exponierend und exemplarisch, typologisch wie umfangsbezogen durch mich als für gültig erachteten Texte werden dem Textkonvolut der audiolectures hier beigegeben:
Die Vorlesung sah weit ausholende exemplarische Darstellungen vor. Als wesentliche künstlerische Positionen der Gegenwart fungierten neben Knowbotic Research+ – sowie Ulrike Gabriel, Nicolas A. Baginsky, Andreas Kaufmann, Stahl Stenslie, Herwig Weiser, Markus Huemer – gewisse Klassiker, die unter neuen Gesichtspunkten gelesen wurden: Marcel Broodthaers, Bruce Nauman, Dan Graham, Aldo Walker. Dazwischen: Gordon Matta-Clark, Jeff Wall und weitere.
Die schriftliche Umsetzung des Stoffs war in diversen Konzepten niedergelegt und sah ein dreibändiges Werk vor. Von diesem erschien nur der erste Band 'Kunst als Medientheorie. Vom Zeichen zur Handlung' >>>>. Auf die schriftlichen Diskussionen zu Graham, Nauman und Broodthaers verzichtete ich dann zugunsten der Absicht, meine Vorlesungen als Hörstücke mit Bildern dazu zu präsentieren, es also beim mündlich vermittelnden Entwicklungsgang des Stoffs und seiner kommunikativen Entfaltung bewenden zu lassen. Zumal eine schriftliche Erörterung in diesen Fällen mit ganz anderen Problemen einer angemessenen Aneignung, Abwägung und Thematisierung der schier unüberschaubar gewordenen Forschungsliteratur sich hätte konfrontieren müssen.
Die kommunikative Ausfaltung künstlerischer Positionen und kunstgeschichtlicher, philosophischer, sozio-politischer und weiterer Kontextualisierungen war mir in der Lehre immer ein Vergnügen, eine darstellende Diskursivierung der Forschung – oder auch nur des bisher Gesagten, kommentierend zu Kompilierenden – hat mich nie interessiert. Hier wollte ich zunächst eine Ausnahme machen, aber ich brachte weder Energie noch ausreichende Überzeugung dafür auf, dass irgendein ein wirklicher Nutzen damit zu gewinnen wäre.
Die Beschäftigung mit Aldo Walker allerdings hatte ganz andere Wurzeln, die mit einem primären Wahrnehmen und Erleben der Werke, Ideen und Anliegen des Künstlers verbunden war. Zu ihm gab es noch keine wirkliche Abhandlung. Meine Zusammenarbeit mit ihm fand Niederschlag in vielem, durch seinen Tod Unterbrochenen, postum in zwei monographischen Publikationen. Die bei Königshausen & Neumann 2004 erschienene Abhandlung 'Singularität und Sittlichkeit' >>>> kann als zweiter Band des Werks zur 'Kunst als Medientheorie' angesehen werden, exemplarisch also für die im Feld der künstlerischen Praktiken durch die Künstler als Kunst selber entwickelte medientheoretische Figur. Satt eines dritten Bandes schrieb ich im Vorfeld und parallel zum ersten Band die kritische, polemisch resümierende Einleitung 'Mythos Medienkunst' (2002).
Von beiden gedruckten Werken – 'Mythos Medienkunst' [deutsche Version >>>>; englische Version >>>>] und 'Kunst als Medientheorie' >>>> werden abweichende Fassungen, umfangreichere frühere Druckfassungen zusammen mit den gedruckten Werken präsentiert ['Mythos Medienkunst': Fassung 1 (Juli 2000) >>>>; Fassung 2 (Juli 2000, erweitert) >>>>; Essay für Merkur – Deutsche Zeitschrift für Europäisches Denken (Juni 2001) >>>>; Typoskript der def. Fassung (Dezember 2001) >>>>; 'Kunst als Medientheorie': Ursprünglische Fassung und Druckvorlage mit allen Expositionen und Inserts (Juni 2002) >>>>; Revidierte und gekürzte Fassung (November 2002) >>>>]. Von den Vorträgen, die stets frei mit Blick auf wenige Unterlagen, Bildlegenden und -Listen, fotokopierte Zitate und Auszüge, handschriftlich notierte Übergänge und Zwischenthesen gehalten worden sind, sind hier zugänglich gemacht: die Bildlegenden, die Tondateien, Notizen sowie zuweilen, wenn auch nicht in allen Fällen, die dann für die Publikationen geschriebenen Texte/ Essays/ Buchbeiträge, die keine schiere, nicht einmal vorrangige Verschriftlichung der Vorträge sein konnten und deshalb auch nicht als solche betrachtet werden sollten.
Partizipative Angleichung an die und zugleich anpassend wie verändernde Aneignung der multiplen Genres der Thematisierung – das eben ist das Programm der audiolectures, die nun und für diesen Fall mit vielen Textdokumenten ergänzt werden. Dies gehört auch zum Kern der Aktivierung des Prinzips jeder Rezeption, die durch das Gesamtprogramm der audiolectures in neuer Weise entwickelt und betrieben worden ist.
Damit ist die situative, punktuelle Intervention in einen Werkkomplex durch die Rezipienten auch das Prinzip, zu dem sich diese Präsentation in aktuellen parzellierten, fragmentierten, ja gar: aufgesplitterten und längst nicht mehr organischen Aneignungen zu behaupten sucht. Auch für schiere Willkür und freie Weiterarbeit an den Materialien ist das Arrangement vorzüglich gedacht.
Dazu passt eine letzte Bemerkung: Dies alles im freien Raum unentgeltlich allen Interessierten nicht nur anzubieten, sondern für deren Zwecke ohne Seitenblick auf Besitzrechte anzubieten, praktiziert, was sich längst schon gehört, nun aber durch die neuen Techniken nicht nur besser möglich, sondern unausweichlich wird: Dass durch die so genannte 'öffentliche Hand', hier durch Gelder für die Salarierung einer Professur in Einheit von Lehre und Forschung mit deutlichem Schwergewicht auf forschender Umsetzung dieser Einheit, nicht nur die Möglichkeit, sondern geradezu die Verpflichtung besteht, die gewonnene Einsichten allen Interessierten zur Verfügung zu stellen.
Einsichten, die künftig nicht mehr durch die partikularen Filter der Netze von arbiträren und kontingenten Verlagen und Institutionen definiert werden. Dass Teile der 'offiziellen Politik' hier zunehmend eine schützende Hand über diese Möglichkeit zu halten beginnen, wenn auch noch nicht in einem avancierten Sinne, ermutigt ebenfalls zu der hier gewählten Präsentation: Es sind meine Gedanken und meine Werke, in die meine Lebenszeit eingeflossen ist, aber es sind ebenso sehr Leistungen der Institution, also der Kunsthochschule für Medien Köln, die so etwas möglich gemacht haben. Und dahinter steht leitend der gesamte Korpus der Archive und Traditionen. Nur unter deren Dach hat das so Bestimmte und Dargebotene erarbeitet werden können.
Deshalb geht all das Geschaffene hier nun den fröhlichen Weg in ein Forschungsarchiv, das allen Interessierten bedingungslos zur Verfügung steht. Eben dies als öffentliche, ungefilterte, nur dem wahren Erkennen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten verpflichtete Sphäre der Diskurse, die keine Selektion kennen wollen. Zumal ja meine Gedanken zu großen Teilen ihre partielle und bescheiden gewertete Neuheit und zuweilen innovative Kraft genau dahingehend behaupten können, dass sie auf transformierenden Aneignungen der Gedanken anderer, quer durch die Filiationen und Konstellationen der Geschichte beruhen.
Eben deshalb gibt es keine abgelegte oder tote Geschichte. Die Toten sind stets höchst lebendig: Partner für Gespräche in einer Gegenwart, die solche Aneignungen herausfordert. Und, in neuer Weise, auch ermöglicht. Wie eben hier vorgeschlagen und vorgetragen.
Zu danken wäre namentlich und persönlich vielen. Zwei Menschen will ich hier, stellvertretend für viele andere, ausdrücklich benennen: Florian Kuhlmann, der seit den audiolectures 02 gestaltet, programmiert berät, konvertiert, anpasst, neu einrichtet. Und Konstantin Butz, der seit der audiolecture 04 >>>> und vor allem auch hier, lektoriert, umsichtig kontrolliert, redigiert, anmahnt, ergänzt, einrichtet. Ihnen und allen anderen: Dankeschön.
Köln, im April 2017
Hans Ulrich Reck