Wusstet ihr, dass die erste lesbische Zeitschrift der Welt wegen eines ‚Schmutz-und-Schund‘-Paragraphen in den 1920er Jahren nicht mehr offen an Kiosken ausliegen durfte? Dass in den 1990er Jahren eine Militanz-Debatte in einem autonomen schwulen Tuntenmagazin geführt wurde? Dass das transfeministische Magazin, Transsisters, erstmals bereits 1993 erschien? Wer kennt es nicht? Wir begegnen einer spannenden Geschichte. Sie ist so besonders, dass wir den Wunsch haben, sie nicht nur an Freund*innen oder Familie weiterzugeben, sondern sie in die ganze Welt tragen wollen. Aber wie? Wie schaffen wir es respektvoll und emotional Vergangenes zu erzählen? Und was könnten geeignete Formen sein? In diesem Kooperationsseminar zwischen Bildgestaltung und Queer Studies möchten wir uns mit queerer Geschichte auseinandersetzen. Über Texte, Dokumentarfilme, Storys auf Social Media u.ä. blicken wir gemeinsam in die queere Vergangenheit und diskutieren, welche Form der Übermittlung welche Wirkung mitbringen kann. Daraufhin werden wir selbst queere Geschichte(n) recherchieren, kleine Archive anlegen und zum Ende hin eigene praktische Arbeiten aus dem Gesammelten erstellen. Die Form dieser Arbeit kann frei gewählt werden. *Für einen Theorieseminarschein muss am Ende des Semesters eine Hausarbeit geschrieben werden. Für einen Fachseminarschein genügt die aktive Teilnahme am Seminar. Sprachen: Deutsch, English, Denglish Termine: 09.04.24, 23.04.24, 07.05.24, 21.05.24, 04.06.24, 18.06.24

Die Figur, um die auch dieses Seminar kreist, ist François Tosquelles (1912-1994) und seine anti-faschistischen und anti-autoritären institutionellen Praxen. Wir werden ebenso seine psychiatrischen Praxen kennenlernen, als auch in die historischen Verhältnisse und sein daraus entstandenes kooperatives und queeres Denken eintauchen. Tosquelles hat maßgeblich die Psychiatriekritik des 20. Jahrhunderts beeinflusst, und die davon nicht zu trennende poststrukturalistische Theorie. Im Kontext von Krieg, Migration und Flucht entwickelte er ein philosophisch-therapeutisches Denken, das Bewegungen und Körperrhythmen in den Mittelpunkt stellt. Die revolutionäre Therapie inmitten des anti-faschistischen Widerstands in Südfrankreich besteht mittels Selbstverwaltungen und Versammlungen vor allem darin, gemeinsam, kooperativ Leben zu lernen. Dazu braucht es weniger Einzel-, sondern institutionelle Therapie und die Sorge um die Institution. Das Seminar dient auch zur Vorbereitung der internationalen Konferenz „Queer Tosquelles“, am 21. und 22. Juni an der KHM. The figure around which also this seminar revolves is François Tosquelles (1912-1994) and his anti-fascist and anti-authoritarian institutional practices. We will also get to know his psychiatric practices, as well as the historical circumstances and his resulting cooperative and queer thinking. Tosquelles was a crucial influence on the 20th century critique of psychiatry, and the poststructuralist theory that cannot be separated from it. In the context of war, migration and flight, he developed a philosophical-therapeutic way of thinking that focuses on movements and bodily rhythms. The revolutionary therapy in the midst of the anti-fascist resistance in southern France consists primarily of learning to live together, cooperatively, by means of self-administration and assemblies. This requires less individual therapy than institutional therapy and care for the institution. The seminar also serves as preparation for the international conference "Queer Tosquelles" on June 21 and 22, 2024 at the KHM.

Im Neoliberalismus ist Prekarisierung, die Unsicherheit von Arbeit und Leben, für viele Menschen zur Normalität geworden. Die Pandemie hat diesen Trend noch verschärft. Es gibt immer weniger feste Arbeitsplätze, projektbezogene Beschäftigung und "Jobs auf Abruf" nehmen weiter zu. Die soziale Absicherung verlagert sich seit Jahrzehnten in die Eigenverantwortung der Einzelnen. Auch die Verschuldung ist normal geworden. Wenn immer weniger planbar ist, wie erhalten Schulden die Zukunft und halten die Gegenwart gefangen? Wie werden wir durch Schulden prekarisiert und regierbar? Wie wird der Haushalt seit der Pandemie nicht nur wieder als Ort der Gewalt sichtbar, sondern auch als privilegiertes finanzwirtschaftliches Laboratorium, und was bedeutet dieser Extraktivismus für den Alltag von Frauen, Lesben und Trans-Personen und ihre Kämpfe um Mieten, zum Beispiel in Argentinien? Und wie können Schuldverhältnisse umgedreht werden? Wie werden aus sozialen Schuldverhältnissen Sorgebeziehungen, die sich der Finanzialisierung entziehen? Wie könnte ein anderes demokratisches Zusammenleben aussehen, das auf Sorge und gegenseitiger Verbundenheit beruht - eine Demokratie, die ich präsentische Demokratie nenne? Was bedeutet das für die Emanzipation und die Bejahung des Prekärseins? Under neoliberalism, precarization, the insecurity of work and life, has become normal for many people. The pandemic has exacerbated this trend. There are fewer and fewer permanent jobs, project-based employment and "jobs on demand" continue to increase. For decades, social security has been shifting to the individual's own responsibility. Debt has also become normal. When less and less can be planned, how does debt sustain the future and imprison the present? How do we become precarious and governable by debt? Since the pandemic, how is the household not only once again visible as a site of violence, but also as a privileged financial-economic laboratory, and what does this extractivism mean for the everyday lives of women, lesbians, and trans people and their struggles over rents, for example in Argentina? And how can debt relations be turned around? How do social debt relations become care relations that evade financialization? What might a different democratic coexistence look like, one based on care and mutual connectedness - a democracy I call presentist democracy? What does this mean for emancipation and the affirmation of precariousness? The seminar languages will alternate between German and English. Possible Literature: CAVALLERO Lucí, Verónica GAGO (2021), A Feminist Reading of Debt, London. CAVALLERO, Luci, Verónica GAGO (2023), Der Haushalt als Versuchslabor. Feministische Kämpfe um Mieten, Haus- und Heimarbeit, Wien u.a. FEDERICI, Silvia (2016), „From Commoning to Debt: Financialization, Micro-Credit and the Changing Architecture of Capital Accumulation” HARNEY, Stefano and Fred MOTEN, The Undercommons. Fugitive Planning & Black Study, London 2013; DE: Die Undercommons. Flüchtige Planung und schwarzes Studium, Wien u.a. 2016. LOREY, Isabell, Die Regierung der Prekären, Wien 2012 ; EN: State of Insecurity, London 2015. LOREY, Isabell, Demokratie im Präsens, Berlin 2020; EN: Democracy in the Political Present, London 2022.

Donna Haraway’s 1985 Cyborg Manifesto is going to turn 40 soon and is often regarded as the proto-cyberfeminist text. But the older the Manifesto gets, the more cryptic it seems to become. Will we be able to decode Haraway’s insinuations and allusions to 1980s politics, pop and protest culture? What was C3I again? Wtf are Harlequin romances? Does “Star Wars apocalypse” relate to George Lukas’ space opera or to something completely different? Who are the Greenham women and why are they witch-weaving? And what is witch-weaving anyways? We will spend five sessions reading and deciphering the manifesto together. And if we’re feeling adventurous, we’re going to turn our findings into a little zine. Language will be mostly English, but there’s a German version of the text und es ist auch ok wenn Ihr im Seminar Deutsch oder Denglish sprecht. Dates: 1. 17.04.2024 2. 15.05.2024 3. 29.05.2024 4. 13.06.2024 5. 26.06.2024