Der erste Gründungsrektor der Kunsthochschule für Medien Köln (1991-1994) verstarb am 23. April 2013. Heute findet in Bergisch Gladbach-Hebborn die Trauerfeier statt. Er hat das Fundament geschaffen, das die KHM bis heute prägt. Wir danken für die langjährige Treue und Verbundenheit.
Klaus Katz, der am Dienstag, den 23. April, in Bergisch Gladbach im Alter von 83 Jahren gestorben ist, gehörte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu den Redakteuren und Ressortleitern, die man auf den ersten Blick übersieht. Das hat nicht nur etwas mit Körpergröße zu tun, sondern auch mit dem Auftreten und selbstverständlich mit medialer Präsenz. Klaus Katz agierte eher im Hintergrund, so dass man ihn mitunter übersah; aber was und wie er etwas bewirkte, war nachhaltiger als vieles von dem, was die medial präsenten Figuren von Hörfunk und Fernsehen an Gutem und oft Schlechtem anrichten.
Unter seinen Altersgenossen war Katz, der in Sachsen geboren wurde, später in Freiburg und Heidelberg studierte und promovierte, einer der wenigen, der das Fernsehen von der Pike auf gelernt hatte. Im damaligen Süddeutschen Rundfunk (SDR) beschäftigte er sich mit unterschiedlichen Fernsehformen, konzentrierte sich aber bald darauf, das noch junge Medium für die Bildungsarbeit zu nutzen. Es war die Zeit, in der die Dritten Programme als Kultur- und Bildungssender gegründet wurden. Und so warb der Westdeutsche Rundfunk (WDR) Klaus Katz 1966 ab und holte ihn nach Köln, um beim in Planung befindlichen Dritten Programm (heute: WDR Fernsehen) das Schulfernsehen aufzubauen. Bis zu dessen Start dauerte es allerdings noch über drei Jahre, was Katz über die Maßen geärgert hatte. Noch Jahrzehnte später erzählte er gerne, wie er in diesem Zusammenhang das Spiel der Macht in Hierarchien und Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lernte.
Als das Schulfernsehen dann im Herbst 1969 startete, war es mit seinem mehrstündigen Wochentagsangebot gleich ein Schwerpunkt im neuen Programm. Noch galt, wie Katz damals schrieb, das Fernsehen als „eines der stärksten Motivationsmittel“ für Schüler.
1975 wurde Klaus Katz beim WDR dann Leiter der Hauptabteilung „Wissenschaft und Erziehung“, die auch für alle Weiterbildungssendungen zuständig war; dazu zählte beispielsweise das „Telekolleg“, mit dem man auf dem zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife erwerben konnte.
Zwei Jahre später übernahm er im Zuge einer Strukturreform die Verantwortung für die zahlreichen Kultursendungen des WDR. Vorangegangen war die Auflösung des alten Programmbereiches Kultur, der unter Hans-Geert Falkenberg nicht nur ein Ort des Experiments, sondern im Zuge der Studentenunruhen auch ein Zentrum der Politisierung der Künste geworden war. Um den WDR aus der Schusslinie der „Rotfunkkampagne“ der CDU zu bugsieren, löste Intendant Friedrich-Wilhelm von Sell damals diesen Programmbereich auf und beauftragte Klaus Katz mit der heiklen Aufgabe, die Fernsehpräsentation der Kultur zu popularisieren. Das sorgte für Unmut im Haus und für Kritik von Außen. Aber Klaus Katz gelang es, die aufgeheizte Stimmung zu besänftigen. Unter seiner Leitung wurden einige rasch populäre Kultursendungen wie das „Bilderrätsel“ oder „100 Meisterwerke“ (später: „1000 Meisterwerke“) etabliert, gleichzeitig gab er seinen hochqualifizierten Fachredakteur/innen weiterhin die Chance, eigenständige und anspruchsvolle Filme zu Architektur, Bildende Kunst und Literatur zu produzieren.
So wie er gleichsam nach unten in Richtung der ihm unterstellten Redakteure pazifierend wirkte, zeigte er sich nach oben in Richtung des Fernsehdirektors oder des Intendanten immer dann widerspenstig, wenn es um Sendeplätze, Personal und Mittel ging. So war es nur für diejenigen, die Katz als den Mann im Hintergrund kaum wahrnahmen, verwunderlich, als er 1983 seine Funktion als Hauptabteilungsleiter niederlegte, weil er sich in Personalfragen nicht durchsetzen konnte.
Im Rückblick hat er diese Entscheidung als eine der wichtigsten in seinem Berufsleben bezeichnet. Denn sie eröffnete ihm wenig später die Möglichkeit, als Programmchef zum Kabelpilotprojekt Dortmund zu wechseln. Der WDR konnte und wollte hier in der Perspektive der durch die Kabeldistribution ermöglichten Sendervermehrung so etwas wie ein Stadtfernsehen erproben. In den nächsten vier Jahren wurde dieses Pilotprojekt zur Keimzelle für viele neue Fernsehideen und zum Startort von Karrieren vieler junger Fernseh- und Hörfunkmacher. Hier zeigte sich erneut eine große Fähigkeit des Klaus Katz, dass er nämlich frühzeitig Talente erkannte und förderte.
Deshalb war es nur folgerichtig, dass er nach einem dreijährigen Zwischenspiel in der Programmplanung des WDR 1991 an die Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) wechselte, wo er als erster Gründungsrektor die Fundamente für diese neuartige Institution legte, in der Film und Fernsehen ebenso wie jene Bildenden Künste unterrichtet werden sollten, die mit audiovisuellen Medien arbeiteten. Mit seiner administrativen Erfahrung zog er in der Hochschule die ersten Strukturen der Selbstverwaltung ein, sorgte für die notwendigen Ordnungen, nach denen der Studienbetrieb abzulaufen hat, und etablierte das Feststellungsverfahren, mit dem die neuen grundständigen Studierenden nach ihrer künstlerischen Eignung ausgewählt wurden. Bei der ersten Auswahl im Frühsommer 1994 war er einer von vier beteiligten Professor/innen und engagierte sich besonders für die eher leise auftretenden Bewerberinnen und Bewerber.
Als Rektor der KHM hatte er stets für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein offenes Ohr und sorgte so für das große Engagement von allen Beteiligten in der Startphase der Hochschule. Besonders wichtig: Er gewann den Förderverein der alten Werkkunstschule dazu, sich der neuen und am Anfang kritisch beäugten KHM zuzuwenden. Und mit dem Medienwissenschaftler Siegfried Zielinski engagierte er seinen Nachfolger und damit zweiten Gründungsrektor, der die Hochschule dann in die Normalität überführte.
Auch nach seiner Pensionierung 1994 blieb Katz aktiv. So durchforschte er die Archivbestände des WDR auf weitere Nutzungsmöglichkeiten und initiierte die erste Programmgeschichte des Senders, die er als Chefherausgeber 2006 unter dem Titel „Am Puls der Zeit“ in drei Bänden herausbrachte. Auch danach war Klaus Katz bis ins letzte Jahr, als ihn eine schwere Krankheit schwächte, immer dann präsent, wenn es um das Projekt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ging. Kein lauter Streiter, aber ein steter Mahner und zugleich pragmatischer Verfechter der Idee eines Rundfunks, der sich der Gesellschaft und nicht allein dem Gewinn verpflichtet fühlte.
Dietrich Leder (Erweiterte Fassung des Nachrufs, der in der Funk-Korrespondenz Nr. 19 am 10. Mai 2013 erscheinen wird.)