Zur Ausstellung
In zwei Videoarbeiten, in Bildern und Installationen thematisiert die chilenische Künstlerin Elisa Balmaceda optische Phänomene und die physikalischen Eigenschaften von Licht.
Futuristisch anmutende Gebäude, ausgestattet mit Hightech-Geräten, gelegen in einem der trockensten Landstriche der Welt: Die Atacamawüste in den chilenischen Anden bietet beste Voraussetzungen für die Erforschung ferner Galaxien. Elisa Balmaceda hat auf knapp 3000 Metern Höhe in Paranal gedreht, in den Anlagen der ESO (European Southern Observatory). Das Video Paranal (2014) auf der großen Monitorwand im Ausstellungsraum gibt einen dokumentarischen und zugleich ästhetischen Eindruck dieser hochmodernen astronomischen Forschungseinrichtung.
Die Ausstellung zeigt zudem farbige Drucke, die sich mit Licht auseinandersetzen. Bei Spirit Photography (2013) handelt es sich um eine Reihe von direkt auf Fotopapier belichteten Abdrücken unserer elektronischen Begleiter, vom Laptop-Kontrolllämpchen bis zum Handydisplay. Die Serie macht das geheime Eigenleben der alltäglichen Gebrauchsgegenstände sichtbar und bietet damit Anlass für eine künstlerische Reflexion, die der Medienphilosoph Vilém Flusser so in Worte fasste: „Ein Existenzgrund (Zweck) für die Wissenschaft ist die Abschaffung von Wundern: Wissenschaft ist ein fortlaufender Diskurs von Erklärungen, und die Definition eines Wunders ist eine Sache, die noch nicht geklärt werden konnte. […] Je weniger wundervoll die Welt ist, desto mehr wundern wir uns, warum sie da ist und sogar, ob sie überhaupt existiert.“ (Vilém Flusser, Wondering About Science, 1989)
In einer Installation in der Raummitte (Spektraler Korridor, 2014) setzt die Künstlerin Spektralfolie ein, um die farbigen Bereiche des Sonnenlichts sichtbar zu machen. Zwei Vorhänge aus bodenlangen Lamellen dieser Folie bilden einen Gang, in dem der Besucher selbst Teil dieses Lichtspiels und gleichsam zu einer Interferenz innerhalb eines optischen Systems wird. Diese künstlerische Arbeit ist allerdings kein Ausspielen von Natur gegen Technik, sondern ein spielerisches Umformen von naturwissenschaftlichen Phänomenen, die durch die Bewegung der Besucher im Raum erst aktiviert und auf einem Spiegel an der gegenüberliegenden Wand verstärkt werden.
In einer weiteren Installation nutzt die Künstlerin ein Material, das für gewöhnlich eher in der naturwissenschaftlichen Forschung zum Einsatz kommt. Die Arbeit O.T. (2014) erinnert an den Ursprung des Begriffs Fotografie, was „Malen mit Licht“ bedeutet. In Abhängigkeit vom tageszeitlichen Verlauf des Lichts und unterstützt durch eine Lampe verändert sich das Muster auf dem wärmeempfindlichen Papier.
Auch im zweiten Ausstellungsraum beschäftigt sich Elisa Balmaceda mit dem Einfluss von Licht auf den Menschen. In einem stoffbespannten Zelt arrangiert die Künstlerin Sitzmöbel und Dekorationspflanzen aus dem Bestand des Unternehmens um einen gleißenden Leuchtkörper zu einem Lichttherapiezelt (2014), das sogenannten Lichtduschen nachempfunden ist. Man nimmt an, dass diese Apparate aufgrund der Ähnlichkeit der Lichtquelle zum Sonnenlicht bei regelmäßiger Anwendung stimmungsaufhellend wirken können. Mit ihrem selbstgebauten Leuchtobjekt thematisiert Balmaceda die Wirkung optischer Reize auf das psychische Erleben und lädt Mitarbeiter und Besucher ein, unter der Kuppel zu verweilen, um in den dunklen Wintermonaten etwas Licht zu tanken.
Ein beliebtes Motiv von Desktophintergründen sind stilisierte, phantasievoll wirkende Bilder des Weltalls. Tatsächlich basieren diese Bilder auf Abbildungen real existierender Sternbilder, die digital aufbereitet werden. Was als Natur erscheint, ist ihre künstliche Inszenierung. In dem Video Andromeda M31 (2014) erläutert ein Astrophysiker den Ursprung dieser Bilder. Das Video thematisiert damit im Kern das grundsätzliche Potential von Bildern – unabhängig von ihrem Ursprung in künstlerischen oder naturwissenschaftlichen Zusammenhängen –, wahlweise eine Realität vorzugaukeln oder über das Leben aufzuklären, und schlägt damit einen Bogen zu dem zentralen Video Paranal. Denn die Bilder, welche die astronomischen Observatorien liefern, sind häufig der einzige Anhaltspunkt für die Existenz ferner Galaxien. Diese Bilder sind Grundlage wissenschaftlicher Theorien, ohne dass ihr Wahrheitsgehalt letztlich überprüfbar ist.
Die Ausstellung „Full Spectrum“ findet statt mit freundlicher Unterstützung von ERCO Leuchten GmbH, European Southern Observatory (ESO) und Gardenigloo GmbH.Elisa Balmaceda, 1985 in Chile geboren, lebt und arbeitet in Köln und Santiago de Chile. Seit 2011 studiert sie Mediale Künste an der Kunsthochschule für Medien Köln.