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35 Jahre Kunsthochschule für Medien Köln

Reut Shemesh mit WILDWOOD FLOWERS

Filmvorführung bei der Ausstellungseröffnung Bühnenreif 1. Akt im Arp Museum Bahnhof Rolandseck.
Eröffnung: Donnerstag, 22. September 2016, 19 Uhr
ARP Museum
Bahnhof Rolandseck

Fünf maskierte Tänzerinnen bewegen sich in einem abstrakt-sterilen Raum. Bis auf eine schwarze Wand ist der Raum ein hell ausgeleuchteter konisch zulaufender White Cube, der das Dargestellte schonungslos präsentiert. Körper, durch die ein selbst gesteuertes Zittern und Zucken fährt, lautloses, hysterisches Lachen, das sich immer weiter steigert und expressive, teils archaische Bewegungen, die sexuelle gewaltsame Szenen andeuten, beherrschen die Performance. All das, so scheint es, wird gesteuert von den von Mona Kakanj grafisch gestalteten Masken, die den Performerinnen eine neue Identität verleihen. Mit schwarzer Tusche auf weißem Karton und überlebensgroß über das Gesicht hinausgehend, zeugen sie von einer grotesk anmutenden, überzeichneten Physiognomie und besitzen trotz ihrer Zweidimensionalität eine erstaunliche Wirkmacht.

Die Akteurinnen nehmen entsprechend der Masken wechselnde (Geschlechter-)Rollen an, bewegen sich ungehemmt und im Gegensatz zum griechischen Theater, in dem Masken zwar auch zum schnellen Rollenwechsel verwendet, aber alle Frauenrollen von Männern gespielt wurden, ausgeprägt maskulin.


Die anfängliche Stille bei der Performance wird unterbrochen durch schnelle, rhythmische Schläge. Minimale Beats, überwiegend durch das Atmen, Klatschen und Aufstampfen der Tänzerinnen erzeugt, untermalen die aufgeladene Atmosphäre. Es gibt Szenen, in denen vereinzelt die Maskerade fällt und die Gesichter dahinter zum Vorschein kommen. Ist nun wirklich das wahre Ich der Akteure zu sehen? Eine der Tänzerinnen kichert und lächelt dabei aufgesetzt liebreizend wie ein kleines Mädchen, eine andere starrt maskengleich mit offenem Mund ins Leere. Am überraschendsten ist die Szene, in der einer der Frauen ihre Maske abgenommen wird und ihr – deutlich älteres, durch Falten gezeichnetes – Gesicht offenbart wird. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannten und nutzten Tänzerinnen und Tänzer wie Sophie Taeuber-Arp, Lavinia Schulz, Mary Wigman und Rudolf von Laban die entfesselnde Wirkung von Masken und integrierten diese in den modernen Tanz.


Reut Shemesh führt mit ihrer Masken-Choreographie in dieser Hinsicht eine Tradition fort, der etwas Magisches und Wildes innewohnt. Wildwood Flowers ist ein sozialkritisches, bissiges Stück, in dem die Tänzerinnen sich durch die Frage nach der eigenen Identität und das Annehmen unterschiedlicher gesellschaftlicher Rollen auf eine sehr mitreißende Art in physische und emotionale Extremsituationen versetzen.

Sylvie Kyeck

Reut Shemesh (*1982 in Tel Aviv) 


WILDWOOD FLOWERS: Choreography, Concept and text Reut Shemesh | Dance and creation Susanne Grau, Lisa Kirsch, Liane Loer, Marja Hirvonen, Julia Riera| film adaptation & camera Ronni Shendar | editing Shendar & Shemesh | Assisting Felix Zilles-Perels | Music Nico Stallmann | Masks Mona Kakanj | Dramaturgy Daniel Rademacher | Management Sandra Jasper


Made possible by: City of Cologne - Cultural department, Atelier Quartier am Hafen, Academy of Media Arts Cologne


Die Live-Performance von WILDWOOD FLOWERS ist am Samstag, 18. März, 19.30 Uhr im Arp Museum.

Editor — Juliane Kuhn
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