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Im Rahmen der Ausstellung HEAVY MATTER bei der ISEA2010 RUHR lädt die Zeitschrift [off topic] ein zur Release-Party der Ausgabe #2: beschweren.

Montag, 23. August 2010, 20 Uhr
Westfalenforum
Kampstraße 37-39
44137 Dortmund

Begrüßung: Klaus Jung, Rektor der KHM
Lecture Performance: Schwerkraft und Schwermut von Sebastian Jochum
Im Anschluss unbeschwertes Feiern.

Heft #2 der Zeitschrift [off topic] an der Kunsthochschule für Medien Köln widmet sich thematisch dem Beschweren. Zwischen zeitgenössischen Protestformen, Weltraummüll und Beschwerdemanagementsystemen wird einer Kultur des Schweren nachgespürt. Die Schwere der Daten, die Unwägbarkeit körperlicher Beschwerden und das Rauschen der Kanäle wird erkundet. Beschweren erweist sich als komplizierter medialer Prozess, Beschwerdeführung ist ein Datenverarbeitungsproblem. Brauchen wir eine neue Beschwerdekunst?

Mit Beiträgen u.a. von: Inke Arns, Ulrike Bergermann & Andrea Seier, Gabriele Gramelsberger, Lucia Iacomella, Claudia Reiche, Bettina Reiter, Carsten Wiedemann.

off topic ist die Zeitschrift für mediale Künste der Kunsthochschule für Medien Köln. Sie greift gegenwärtige Entwicklungen und Ereignisse auf und gibt Einblick in die Aktivitäten und Projekte der Hochschule. www.offtopic-magazin.dewww.khm.de
ISBN 978-3-942154-03-1
Erscheinungstermin: 19. August 2010.

Zu bestellen unter:
bestellung@offtopic-magazin.de
Schutzgebühr: 10 EUR (5 EUR ermäßigt für Studierende)

Neue Ausgabe der Zeitschrift off topic

Die #2 der Zeitschrift off topic zum Thema "beschweren" ist erschienen und wurde im Rahmen der Ausstellung HEAVY MATTER bei der ISEA2010 RUHR in einer Release-Party gefeiert.
23.08.10
21:00h
Westfalenforum
Dortmund
Was heißt heute beschweren? Wenn vom Beschweren die Rede ist, so ist damit meistens der Vorgang des Beanstandens, Bemängelns, Reklamierens gemeint. Die wörtliche Bedeutung – „etwas schwer machen“ – ist darüber in den Hintergrund geraten. Doch auch im Beschweren als Kulturtechnik steckt das Schwere, und zwar als Paradox: Wer sich beschwert, erleichtert sich und beschwert ein Gegenüber, beispielsweise einen Sachbearbeiter und dessen Schreibtisch, auf dem die Akten der Beschwerde als ein messbares Gewicht landen. Ist also beschweren als Datenverarbeitung nicht auch eine Frage von Gewicht? Auf jeden Fall ist eine Beschwerde meist schwere affektive Arbeit.

Die Rede von der Virtualität und Immaterialität von Daten lässt die tonnenschwere Hardware, das Gewicht materieller Datenträger, den realen Datenmüll gerne außer acht. Doch der Schwere der Daten, den Schwerdaten, entkommt man nicht, sie lassen sich nicht löschen. Sind sie einmal in Umlauf gebracht, existieren sie fort im medialen Kreislauf, sie vervielfältigen sich sogar. Was passiert an den janusköpfigen Schnittstellen von Virtuellem und Materiellem? Wird etwas abgeladen, aufgeladen, entladen? Ist das Beschweren ein mühsamer Prozess, eine Rechenaufgabe, eine blitzartige Transformation? Materialize!

Auf den Menschen bezogen, heißt die Schwere meist Verkörperung, Eingehen in die Schwerkraft. In diesem Verständnis kann Körperlichkeit als Einspruch gegen die Vernutzung des Körpers verstanden werden, die Schwere als Kraft, als Widerstandspotential. Der menschliche Körper erwies sich etwa schon im 19. Jahrhundert als Grenze von Optimierungsbestrebungen: Das Problem der "Ermüdung" von Material und Menschenkörpern war ein zentrales Problem der Arbeitswissenschaften. An dieses unfreiwillige Widerstandspotential des Körpers hefteten sich immer wieder Hoffnungen auf eine Befreiung des Körpers von Disziplinierung und Zurichtung. Mit Michel Foucault und Judith Butler gesprochen ist der Körper aber auch als der zentrale Ort der Inswerksetzung kultureller Normen zu verstehen. Ein Ort, dem nicht zu entkommen ist.Wer sich beschwert, ist beschwert, hat Beschwerden. Beschwerden haben jedoch etwas merkwürdig Unbestimmtes, Unwägbares an sich. Sie sind symptomatisch und häufig gerade nicht einer bestimmten, behandelbaren Krankheit zuordenbar. Eher könnten sie als Anhaltspunkte für die charakteristischen Belastungen einer Gesellschaft, Kultur, Zeit gelesen werden: Einschränkungen und Schwächen werden schwer genommen und schwer verurteilt mit Worten wie ‚schwer abhängig’, ‚schwer beschädigt’, ‚schwer erziehbar‘ und ‚schwerst pflegebedürftig‘.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Politik des Beschwerens. Spätestens in Kafkas Institutionenromanen wurde die Sinnlosigkeit der Beschwerdeführung angesichts maschineller Datenverarbeitung deutlich. Aber wie sieht es eigentlich mit einer Beschwerdekultur am Anfang des 21. Jahrhunderts aus? Nimmt die Servicegesellschaft jegliche Beschwerde vorweg? Wie sieht im Zeitalter der FAQs das Verhältnis von Information und Beschwerde aus? Es entsteht der Eindruck, dass durch den Neoliberalismus und tendentielle Überinformation implizit ein Beschwerdeverbot ausgesprochen oder Beschwerden zumindest vorsorglich gezähmt werden, sie in sachdienliche Formate der Evaluierung und Kundenbefragung transformiert werden. Das Beschweren hat einen negativen Beigeschmack. Ein notorischer Beschwerer erscheint als unsouveräner Querulant, er ist verhaltensauffällig, agiert übergriffig, unangepasst und scheint sich mit den gesellschaftlichen Spielregeln nicht auszukennen. Das kritische Potential, das sich als staatsbürgerlich-selbstbewusstes Einklagen des Rechts artikuliert, die Dramatik des Beschwerens als Lamento, dem ein ausgeklügeltes sprachliches Konzept zugrunde liegt, ist ins Abseits geraten. Brauchen wir eine neue Beschwerdekritik? Beschweren ist ein medialer Prozess. Jede Beschwerde braucht ein Medium, jede Stimme braucht eine Formierung, ein (enges?) Ventil, sie muss sich materialisieren und wird auf dem Weg vom Sender zum Empfänger verändert und gestört. Diesem Umstand hat sich politische Kunst immer wieder zugewandt: Zwischen Protestsongcontest, Streikakademie und Dokumentarismus eröffnen sich vielfältige Zugangsweisen zum Beschweren. Als Antwort auf die datenverliebte Medienkunst der 90er Jahre sind inzwischen zudem explizit „schwere“ Arbeiten hoch im Kurs.

In der Ausgabe #2 von [off topic] möchten wir den Facetten des Begriffs zwischen Beschwerdekultur und der Kultur des Schweren nachgehen.

[off topic] #2 beschweren wird im August 2010 mit einem englischsprachigen Supplement zur KHM-Ausstellung HEAVY MATTER im Rahmen der ISEA2010 RUHR International Symposium on Electronic Art erscheinen.
Im Rahmen der Ausstellung HEAVY MATTER bei der ISEA2010 RUHR lädt die Zeitschrift [off topic] ein zur Release-Party der Ausgabe #2: beschweren.

Montag, 23. August 2010, 20 Uhr
Westfalenforum
Kampstraße 37-39
44137 Dortmund

Begrüßung: Klaus Jung, Rektor der KHM
Lecture Performance: Schwerkraft und Schwermut von Sebastian Jochum
Im Anschluss unbeschwertes Feiern.

Heft #2 der Zeitschrift [off topic] an der Kunsthochschule für Medien Köln widmet sich thematisch dem Beschweren. Zwischen zeitgenössischen Protestformen, Weltraummüll und Beschwerdemanagementsystemen wird einer Kultur des Schweren nachgespürt. Die Schwere der Daten, die Unwägbarkeit körperlicher Beschwerden und das Rauschen der Kanäle wird erkundet. Beschweren erweist sich als komplizierter medialer Prozess, Beschwerdeführung ist ein Datenverarbeitungsproblem. Brauchen wir eine neue Beschwerdekunst?

Mit Beiträgen u.a. von: Inke Arns, Ulrike Bergermann & Andrea Seier, Gabriele Gramelsberger, Lucia Iacomella, Claudia Reiche, Bettina Reiter, Carsten Wiedemann.

off topic ist die Zeitschrift für mediale Künste der Kunsthochschule für Medien Köln. Sie greift gegenwärtige Entwicklungen und Ereignisse auf und gibt Einblick in die Aktivitäten und Projekte der Hochschule. www.offtopic-magazin.dewww.khm.de
ISBN 978-3-942154-03-1
Erscheinungstermin: 19. August 2010.

Zu bestellen unter:
bestellung@offtopic-magazin.de
Schutzgebühr: 10 EUR (5 EUR ermäßigt für Studierende)

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